Hauptquartier der
United Earth Space Probe Agency
City of London, Erde
Hauptquartier der
United Earth Space Probe Agency
City of London, Erde
Ayumi Takahashi bevorzugte es, zu ihrem Arbeitsplatz zu laufen anstatt den Untergrund-Transit zu nehmen. Ihr Arbeitsweg führte sie durch einige Parks an der Themse entlang. So sehr sie sich nach den unendlichen Weiten des Weltraums sehnte, so sehr genoss sie auch das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter im Wind.
Sie musste immer etwas schmunzeln, wenn sie die Grenze zwischen London und der City of London überschritt, gekennzeichnet durch ein paar Pfosten, deren Bedeutung viele Zugezogene nicht einmal kennen. Ein Überbleibsel längst vergangener Tage, denn die beiden Städte sind bereits seit geraumer Zeit zusammengewachsen.
Als sie vor dem UESPA-Hauptquartier ankommt - einem großen Glasbau, der sich in die Skyline einfügt, aber andere Gebäude bei weitem nicht überragt - kommt ihr ein ähnlicher Gedanke. Warum sind die Sternenflotte und die Behörde der Vereinigten Erde für Raumsonden eigentlich nicht schon längst zusammengewachsen? Wahrscheinlich haben einige Bürokraten Angst davor, ihre Position zu verlieren. Nachdem die unbemannte Raumfahrt immer mehr an Bedeutung verloren hat, versucht die UESPA nun ihre Existenzberechtigung dadurch zu sichern, dass sie die Konstruktion der Sternenflottenschiffe übernimmt.
In ihrem Büro angekommen, ließ die Japanerin wie üblich die Tür offen - sie war bekannt für ihre Open Door Policy. Kaum setzte sie sich an ihren Schreibtisch, hörte sie auch schon eine Stimme: "Guten Morgen, Takahashi-kun." Sie schaute auf und sah Admiral Yamamoto, der seit langem gewissermaßen ihr Mentor in der Sternenflotte war. "Yamamoto-san! Was bringt Sie nach London?" fragte sie erstaunt und mit einem Lächeln auf den Lippen.
Der Admiral schloss die Tür hinter sich. Kein gutes Zeichen. Er wählte seine Worte mit Bedacht: "Der Kommandorat tritt heute zusammen. Wir werden den Ausbau des NX-Programms beschließen. Ich fand es angebracht, Sie vorher darüber zu informieren."
Ayumis Miene verfinsterte sich. Admiral Yamamoto wusste genauso gut wie sie, welche Auswirkungen das haben wird.
"Für jedes Schiff der NX-Klasse könnten wir stattdessen..." begann sie zu argumentieren, doch der Admiral vervollständigte den Satz selbst: "...zwei Schiffe der NV-Klasse oder drei Schiffe der NY-Klasse bauen. Ich weiß. Aber was nützt uns eine große Flotte, wenn wir damit allenfalls in den benachbarten Sternensystemen Präsenz zeigen können?"
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: "Das NX-Programm ist ein voller Erfolg. Die Enterprise ist seit fast zwei Jahren im Weltraum, ohne dass es nennenswerte technische Probleme gab. Aber wenn wir unsere Ressourcen nicht umverteilen, wird es zehn oder zwölf Jahre dauern, bis wir auch nur ein halbes Dutzend Schiffe mit Warp-5-Antrieb da draußen haben. Selbst die NX-02 wird frühestens nächstes Jahr vom Stapel laufen "
Ayumi lehnte sich zurück. Sie wusste, dass er recht hatte. Die NV- und NY-Klassen waren Auslaufmodelle; ihre strukturelle Integrität war für Geschwindigkeiten, wie sie die NX-Klasse erreichte, nicht ausgelegt. Aber es wurde langsam Zeit, dass Offiziere der Sternenflotte nicht nur auf der Erde in irgendwelchen Büros beschäftigt waren. Es waren mehr Raumschiffe nötig, und zwar jetzt!
Sie stand auf und ging zu dem großen Monitor an der Wand, an dem die Baufortschritte verschiedener Schiffe angezeigt wurden. NV-10 Pioneer, NV-11 Opportunity, NY-15 Venera, NY-16 Cosmos, NY-17 Vega, NX-02 Columbia.
"Was passiert mit den Schiffen, die sich bereits im Bau befinden?" fragte sie.
"Das werden wir im Einzelfall entscheiden müssen. Eine Reihe von Bauteilen ist kompatibel mit der NX-Klasse. Einige Schiffe könnten wieder zerlegt und die Bauteile in einem Schiff der NX-Klasse eingesetzt werden" antwortete Admiral Yamamoto während er auf die Uhr an dem Monitor schaute.
"Ich muss gehen. Das Meeting beginnt gleich. Wir können später weiter reden." sagte er und verließ das Büro.
Ayumi lief langsam zum Fenster. In der Ferne konnte sie ein paar Bäume sehen und stellte sich ihre Geräusche vor.
Das Rascheln der Blätter würde sie wohl noch längere Zeit hören. Ihr Traum von den Sternen schien jedenfalls wieder in weite Ferne gerückt zu sein.
River Bryant
Assessment-Center für Sicherheitsoffiziere der Sternenflotte | UESPA Hauptquartier | Mehrzweckareal
Nachdem sich die Fertigstellung der akademischen Sternenflottenräume etwas weiter hinauszögerte, ging River straffen Schrittes durch einen langen Betongang in den Katakomben der UESPA, von dem links und rechts immer wieder Räume abzweigten. Seine Schritte hallten auf den Flur, bis er plötzlich abbog und Bambusmatten unter seinen Füßen seine Schritte zu dämpfen begannen. Er betrat seinen Trainingsraum, der heute optisch an ein Dojo angelehnt war. Bambus war bei den Sitzreihen der Kadetten, die kniend mit ihren Blicken River folgten, aufgestellt. Große Schriftrollen mit japanischen Zeichen, Fahnen und die Bilder des Sakugawa Kanga und des Funakoshi Gichin ergänzten den Look, wenn man auch zwischen drin den zu Grunde liegenden Mehrzwecktrainingsraum durchblitzen sah.
River kniete sich vor den Portraits hin, legte die Hände aneinander und verneigte sich, bevor er sich auf den Knien seinen Trainees zuwandte zu er sich auch vor diesen verneigte, was allesamt sofort erwiderten.
„Wir wiederholen die 5 Dōjōkun überliefert durch Sakugawa Kanga. Jeder aufgerufene eine. Ms. Masters, Sie beginnen!“, befahl Rivers tiefe und tragende Stimme einer jungen, blonden Frau in der zweiten Reihe.
„一、人格完成に努むること. Wichtig ist, nach der Vervollkommnung des eigenen Charakters zu streben!“
„Mr. Withers!“
„ニ、誠の道を守ること. Wichtig ist nach der Wahrheit zu streben.“
„Mr. Petrov!“
„三、努力の精神を養うこと. Wichtig ist, sich stets zu bemühen.“
„Ms. Al-Ahmadi!“
„四、礼儀を重んずること. Wichtig ist, die Etikette zu wahren.“
„Ms. Simon!“
„五、血気の勇を戒むること. Wichtig ist, sich vor übertriebenen Übermut zu hüten und friedvoll zu sein.“
„Sehr richtig. Herzlich willkommen zu unserem vorletzten Kurs in diesem Semester. Vor dem Abschlussdojo am kommenden Freitag werden wir heute gemeinsam nochmal verinnerlichen, was wir im Laufe dieses halben Jahres im Grundkurs Shōtōkan gelernt haben. Die erste halbe Stunde wärmen Sie sich bitte auf. Die Dehnungsübungen wie wir sie immer praktiziert haben. Im Anschluss werden Sie sich in Zweier- oder Dreierteams zusammenfinden und immer in Wechsel als Verteidiger und Angreifer agieren. Ich werde mir jede Gruppe genau anschauen und Hinweise geben. Sie dürfen jederzeit auch auf mich zukommen bei Unklarheiten. Los geht es!“, führte River in ruhigem Ton aus, wartete bis die Klasse einstimmig bestätigte und erhob sich dann.
Das Warm-Up begann und River deutete auf einen Kadetten, der daraufhin die Moderation der Dehnungsübungen übernahm, während sich River einen Platz zum Überschauen suchte, wo er im Schneidersitz Platz nahm. Er zog ein Tablet hervor und begann während er seine Klasse beobachtete, Notizen zu machen.
Eine Nachricht poppte plötzlich auf seinen Display hoch.
Zitat von CharlyNa, River-sensei? Ist bei dir nach den ganzen News um die Enterprise immer noch nicht das Fernweh ausgebrochen?
Er lächelte und sah kontrollierend auf, bevor er auf die Nachricht antwortete.
Zitat von RiverVerzweifelter Versuch mit mir ins Gespräch zu kommen und mich auf einen Drink einzulanden? Und … natürlich!
Zitat von CharlyDu schaffst es doch so oder so bis heute Abend nicht nach Nashville …
Zitat von River-_- Vermutlich nicht … Aber ich melde mich mal wieder, wenn hier erstmal Semesterpause ist. Wie schaut's bis dahin aus? Kannst du noch so lange warten.
Zitat von CharlyVielleicht … vielleicht auch nicht … Lass dir nicht so viel Zeit. XOXO
River lächelte und erhob sich. Er schaltete die Messages aus und begann seine Reihen durch die Kadetten, die bereits begonnen hatten zu trainieren unbewusst immer noch leicht schmunzelnd.