Bordleben IX - Neue und alte Verbündete

Shino saß an ihrem Platz, direkt neben Lexa und hatte sich auf ihrem Display die eingehenden Datenströme der betroffenen Systeme und Stationen anzeigen lassen. Auch wenn sie nicht direkt auf Großschirm sah, entging ihr jedoch nicht wei Masha sich mit der CONN absprach und jedes Manöver mit ihr durchging. Alles wirkte routiniert, so wie sich Shino das in etwa erhofft hatte. Sie blickte kurz auf, als Masha mit den Schusstests begann und rief sich eine kleinere Version der taktischen Konsole auf ihr Display. So konnte sie genau nachverfolgen, was die erfahrene Taktikoffizierin tat, nicht um sie zu kontrollieren, sondern um ihre Abläufe und ihre Handlungsweisen zu studieren. Shino war sich nie zu fein dafür, von älteren Kollegen noch etwas zu lernen, da spielte es für sie keine Rolle, dass Masha ihr in der Kommandokette untergeordnet war.

###Nur wenn wir als Einheit gemeinsam Hand in Hand arbeiten, können wir auch erfolgreich sein### dachte sie sich und verfolgte aufmerksam die Auswertung der einzelnen Schussbilder. Bis jetzt waren die Ergebnisse zufriedenstellend und die Standardflugmanöver klappten auch so wie es gefordert war. Zumindest in dem Bereich musste sich Shino offenbar keine Sorgen machen. Zu wissen, dass Taktik und CONN schon recht gut miteinander arbeiteten und das obwohl die Besatzung erst frisch zusammengestellt wurde erhöhte auch die eigene Handlungssicherheit. Das war aber nicht selbstverständlich.

Für einen Moment musste sie an die Ereignisse auf der Georgetown zurückdenken. Als sie als taktischer Offizier auf das Schiff versetzt wurde waren die Bedingungen anders als zuvor auf der Portland. Die Crew wurde hastig zusammengestellt, damit das Schiff so schnell wie möglich seinen Auftrag wahrnehmen konnte. Captain Fletcher hatte nicht viel Zeit und so verzichtete er, wenn auch notgedrungen, auf zahlreiche Tests, unter anderem auch auf den Schusstest. Das sollte sich später als fataler Fehler herausstellen, denn erst mitten im Gefecht gelang es Shino schließlich die fehlerhaften Zielerfassungssysteme neu einzustellen und damit die Danteri zum Rückzug zu zwingen.

###Ich hätte auf den Test bestehen sollen, dann wäre mir der Fehler früher aufgefallen und Captain Fletcher wäre vielleicht noch am Leben###

Shino blinzelte kurz, schüttelte unmerklich den Kopf und vertrieb damit diesen Gedanken, der nach diesem Ereignis immer wieder zu ihr zurückkehrte. Sie würde diesen Fehler nicht noch einmal machen, das war auch der Grund, warum sie während der Besprechung so auf die intensive Testung der Waffen und dem Zusammenspiel zwischen Taktik und CONN beharrt hatte.

Die Japanerin warf einen erneuten Blick auf ihre Daten und drehte sich dann zu Masha.

"Ausgezeichnet, Commander. Bitte beschießen Sie die letzten beiden Ziele noch einmal mit 10 % geringerer Streuung und erhöhen Sie den Energieoutput der Phaser ebenfalls um 10 %."

Sie warf einen Blick zu Lexa und nickte zufrieden.

"Bisher entsprechen die Ergebnisse den Werksanforderungen. Ich schlage vor, dass wir noch einen letzten Stresstest durchführen, bevor wir die Ergebnisse endgültig auswerten."

"Computerlogbuch der USS Esquiline Sternzeit 88065,2 Eintrag durch den Ersten Offizier, Lieutenant Kuribayashi. Wir haben alle Systemtests abgeschlossen. Waffen, Sensoren und Antriebe arbeiten in den vorgeschriebenen Parametern, so dass wir unseren Weg zum Rendezvous mit der USS Aurora fortsetzen können. Nach unserer Ankunft werden wir dann die weitere Vorgehensweise besprechen."

Shino beendete den Eintrag und sah auf den Hauptschirm, auf dem sich die letzen Reste des Asteroidenfeldes abzeichneten. Ihre Arbeit hier war getan und während Lexa in ihrem Bereitschaftsraum arbeitete nutzte die Japanerin die Zeit um die neusten Geheimdienstberichte zu studieren.

"Steuer, sobald wir die Gravitationssenke des Asteroidenfeldes verlassen haben nehmen Sie Kurs 105 auf 020, Warp 6." gab Shino ihre Anweisungen an die CONN.

Shino hatte neben Lexa Platz genommen und dachte gerade noch über die bisher gesammelten Informationen nach, als die Kommandantin das Wort ergriff. Bis jetzt ließ sich tatsächlich noch nicht mit Sicherheit sagen, ob ein Spion oder ein Saboteur an Bord der Esquiline sein Unwesen trieb. Sie nickte Lexa knapp zu, ehe sie sich selber zu Wort meldete.

"Wir haben bereits damit begonnen, der Sache nachzugehen. Aber im Moment haben wir einfach noch zu wenige Informationen, um sicher sagen zu können, ob es sich hierbei tatsächlich um Spionage oder vielleicht um Sabotage handelt."

Die Japanerin zog sich kurz die Uniform glatt und fuhr fort.

"Bisher wissen wir, dass Daten aus den Kommunikationslogbüchern manipuliert und nach Angel Island geschickt wurden. So sieht es zumindest für uns aus. Ich habe allerdings meine Zweifel daran, dass der Täter tatsächlich das Hauptquartier des Geheimdienstes kontaktiert hat. Die Vorgehensweise war eher dilletantisch statt geschickt."

Shino sah kurz zu Masha, für die es kein weiteres Problem gewesen war den Datentransfer zurückzuverfolgen.

"Das war zu leicht, ich habe daher eher das Gefühl, dass uns der Verantwortliche auf eine falsche Fährte locken will, um seine wahren Absichten zu verschleiern. Vielleicht sind wir nach Ihrem Gespräch mit dem Geheimdienst etwas schlauer. In der Zwischenzeit werden wir unsere Suche nach dem Schuldigen natürlich fortsetzen, ich schlage allerdings vor, das möglichst diskret zu tun."